Keramikimplantate als Alternative – nicht als Ersatz
Die dreitägige zahnärztliche Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie in Düsseldorf wurde von ca. 1.000 Teilnehmern besucht und bildete traditionell den Schlusspunkt der dentalen Großveranstaltungen in diesem Jahr. Der 31. DGI-Kongress befasste sich mit dem Schwerpunktthema Resultate und Konsequenzen in der Implantologie.
„Qualität und Sicherheit in der Implantologie kontinuierlich zu erhöhen, ist ein wichtiges Ziel der DGI“, erklärt Kongress- und DGI-Pastpräsident Priv.-Doz. Dr. Gerhard Iglhaut. „Vor dem Hintergrund der elektiven Natur einer implantologischen Therapie ist es wichtig, dass der Eingriff erfolgreich ist – und eine Fülle von Untersuchungen belegt, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.“
Gleichwohl wissen die Experten, dass es in der Medizin nie eine absolute Sicherheit geben kann. Jede Behandlung hat Risiken, Therapieversager sind unvermeidlich. Unterschiedliche Konzepte, verschiedene Materialien, die individuellen spezifischen Bedingungen eines Patienten und die Expertise des Arztes oder der Ärztin – viele Faktoren beeinflussen den Erfolg einer Implantattherapie.
Zum 31. DGI-Kongress beleuchteten somit mehr als 60 Referenten aus neun Ländern aktuelle Ergebnisse aus allen Teilbereichen der Implantologie – und deren Konsequenzen für die tägliche Praxis. Das Spektrum reichte von der Diagnostik über die Planung und Chirurgie bis hin zur Prothetik.
Keramikimplantate als Alternative – nicht als Ersatz
Im Zusammenhang mit der individualisierten Implantattherapie sieht man bei der DGI auch das Thema Keramikimplantate: „Die Entwicklung bei den Keramikimplantaten schreitet voran und die Patienten fragen auch danach“, sagte Prof. Dr. Kai-Hendrik Bormann. Allerdings warnt der Experte vor einem Glaubenskrieg „Keramik gegen Titan“. Vielmehr müsse die Frage lauten, ob für einen individuellen Patienten Keramik eine sinnvolle Alternative oder manchmal vielleicht auch die bessere Alternative ist. Zwar gibt es mittlerweile 15 verschiedene keramische Implantatsysteme – inzwischen auch zweiteilige –, denen man eine hervorragende Gewebeverträglichkeit, Ästhetik und eine vergleichbar gute Osseointegration wie bei Titanimplantaten bescheinige. Dennoch sei der klinische Erfolg der Keramikimplantate noch sehr heterogen, so Bormann. Dies decke sich mit der Tatsache, dass sich die Herstellungsprozesse der erhältlichen Implantatsysteme aus Zirkoniumdioxid noch stark voneinander unterscheiden – vergleichbare Werkstoffstandards und Unterschiede in der Qualitätssicherung bilden damit noch eine große Herausforderung, wenn es um die Auswertung von Daten gehe.
Neues Wissen für die implantologische Praxis
Der Erfolg einer Implantattherapie wird von vielen Faktoren beeinflusst: dem jeweiligen Konzept, den Materialien, den individuellen Bedingungen eines Patienten und von der Expertise des Arztes oder der Ärztin. „Die spezifischen Bedingungen eines Patienten können wir oft gar nicht oder nur schwer beeinflussen“, sagte DGI-Kongresspräsident Priv.-Doz. Dr. Gerhardt Iglhaut. „Doch wir können dafür sorgen, dass wir unseren Patienten die jeweils individuell beste Therapie anbieten.“ So hat man erstmals bei einem DGI Kongress die Moderatoren der einzelnen Kongresssitzungen damit beauftragt, gemeinsam mit den Referenten „Take-Home-Messages“ am Ende der jeweiligen Sessions zu formulieren. Neben den thematischen „Dauerbrennern“ Parodontitis und das Management der Extraktionsalveole sowie die Zahnmedizin in der alternden Gesellschaft spielten beim diesjährigen DGI Kongress auch Themen wie Weichgewebe-Management und Periimplantatitis eine wichtige Rolle. „Inzwischen gibt es Konzepte und Methoden, die das körpereigene (autologe) Bindegewebstransplanntat in Zukunft ersetzen könnten“, sagte Iglhaut.
Beim Thema Periimplantitis sei man inzwischen auch einen entscheidenden Schritt weiter. Die Diskussion über die Häufigkeit dieser Entzündung sei zu Ende: „Die unterschiedlichen Daten hatten mit den jeweils verwendeten Schwellenwerten für den Knochenverlust zu tun“, erklärte Dr. Jan Derks. „Wir brauchen solche Schwellenwerte jedoch nur zu Forschungszwecken, klinisch ist ein solcher Wert von geringer Bedeutung. Notiert der Kliniker Entzündungszeichen und stellt darüber hinaus Knochenverlust fest, sollte die Diagnose ‚Periimplantitis‘ lauten. Das entscheidende ist letztendlich die adäquate Therapie.“ Zu den Risikofaktoren gehören laut DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz und Prof. Derks eine der Implantattherapie vorausgegangene Parodontitis, schlechte Mundhygiene und das Fehlen einer regelmäßigen Nachsorge. Damit liegen die periimplantären Therapieempfehlungen auf der Hand: Eine gute Mundhygiene und regelmäßige Kontrolluntersuchungen. „Ein Zahnimplantat muss mindestens so gut gepflegt werden wie natürlich Zähne“, erklärte Prof. Schwarz, „und bei den ersten Anzeichen einer Schleimhautentzündung muss der Behandler einsetzen, da die Mukositis gut behandelbar ist.“ Sei allerdings der Kieferknochen bereits betroffen, sind die nichtchirurgischen Mittel begrenzt. Einen Konsens über die richtigen chirurgischen Protokolle gebe es noch nicht, so die Experten.
Offene Fragen bei der Verwendung von Knochenersatzmaterialien
Kontrovers wurde aber vor allem über das Thema Knochenersatzmaterialien gesprochen. Die am 07.08.2017 als Gesamtnovelle 2017 vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlichte „Richtline zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie)“ bestärkt Prof. Dr. Dr. Frank Palm in seiner Skepsis gegenüber xenogenen Knochenersatzmaterialien. Als Blutspender durch diese Richtlinie ausgeschlossen sind u.a. die „Empfänger von Xenotransplantaten oder Frischzellen tierischen Ursprungs“.
Xenogene Knochenmaterialien werden in der Kieferchirurgie und Implantologie eingesetzt. Da bei xenogenen KEMs zumindest theoretisch ein Infektionsrisiko mit Prionen, den Erregern der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit des Menschen, besteht, zieht Palm die synthetischen Knochenersatzmaterialien vor bzw. autologen Knochen des Patienten bei einem erforderlichen vertikalen Aufbau oder größeren Defekten.
Bei einem Sinuslift bevorzugt Prof. Palm Knochenersatzmaterial aus Beta-Tricalciumphosphat-Keramik. Laut Palm wurden mit diesem Ersatzmaterial 1,5 Mio Anwendungen dokumentiert aber keine einzige Nebenwirkung. Ebenso gäbe es Hinweise, dass das Calcium, freigesetzt bei der Degradation des Ersatzmaterials, die Knochenregeneration positiv beeinflusst.
Quelle: DGI