Darum wird in Deutschland so wenig implantiert

ZWP online führte in den Monaten April und Mai unter der Fragestellung „Warum wird in Deutschland so wenig implantiert?“ eine Leserumfrage unter Zahnärzten und Vertretern der Implantatindustrie zum Stand der Implantologie in deutschen Zahnarztpraxen durch. Das Ergebnis: Die Zahnärzteschaft steht der Implantologie aufgeschlossen gegenüber, aber …

In Deutschland werden pro Jahr bis zu 13 Millionen Zähne gezogen. Zieht man die Zahl der darin enthaltenen Weisheitszähne ab, so dürfte die Zahl der potenziell auch implantologisch versorgbaren Zahnlücken immer noch im hohen siebenstelligen Bereich pro Jahr liegen – nicht eingerechnet den Versorgungsstau vergangener Jahre. Gleichzeitig stagniert die Zahl der in Deutschland gesetzten Implantate bei rund einer Million pro Jahr.

Woran liegt es, wenn trotz optimaler wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, ausgereiften Produkten und Technologien sowie realer Zahnlücken das Wachstum ausbleibt? Das war die Frage, die ZWP online den Lesern in einer anonymen Umfrage stellte.

Wenngleich die Resonanz mit rund 300 Teilnehmern angesichts der permanenten Diskussionen um dieses Thema nicht ganz den Erwartungen entsprach, so lassen sich aus den Ergebnissen dieser Umfrage gewisse Tendenzen ableiten. Einerseits bestätigt die Umfrage die allgemeine Wahrnehmung bzgl. der Preisdiskussion, andererseits aber dokumentiert sie auch die positive Einstellung der Zahnärzte gegenüber der Implantologie, was sich wiederum in einer positiven Grundstimmung der Industrie im Hinblick auf die Zukunft der Implantologie in den deutschen Zahnarztpraxen ausdrückt.

Die Befragung wurde in zwei Varianten, d.h. in einer Version für die Zahnärzte sowie einer Version für die Vertreter der Implantatindustrie, durchgeführt. Dadurch sollte u.a. ermittelt werden, wo sich die Aussagen von Zahnärzten und Industrie decken und wo es Diskrepanzen in der Einschätzung bzw. Wahrnehmung gibt.

Umfrage Zahnärzte

Die zahnärztliche Umfrage enthielt neben Angaben zum Status des Teilnehmers (Praxisinhaber oder angestellter Zahnarzt) vier Frageschwerpunkte mit z.T. mehreren Antwortmöglichkeiten, die wie folgt lauteten:

Warum implantiere ich wenig oder gar nicht? (mehrere Antwortmöglichkeiten)
Wie sollte sich die Implantologie in Zukunft gestalten? (mehrere Antwortmöglichkeiten)
Haben Sie vor in die Implantologie einzusteigen? (Frage für noch nicht implantologisch tätige Zahnärzte)
Planen Sie in Zukunft mehr zu implantieren? (Frage für bereits implantologisch tätige Zahnärzte)

Auswertung Zahnärzte


Download der vollständigen Auswertung Leserumfrage (Zahnärzte) als Gesamt-PDF

Umfrage Industrie

Die Industrieumfrage enthielt neben den Angaben zum Status des Teilnehmers (Geschäftsleitung/Marketing oder Außendienstmitarbeiter) vier zielgruppenspezifische bzw. modifizierte Frageschwerpunkte ebenfalls mit z.T. mehreren Antwortmöglichkeiten.

Welche Argumente führen Zahnärzte/-innen an, weshalb sie wenig oder gar nicht implantieren? (mehrere Antwortmöglichkeiten)
Wie wird sich der Markt in Bezug auf die Zahl der verkauften Implantate in den nächsten 12 Monaten entwickeln?
Wie sieht die Zukunft der Implantologie aus? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

Auswertung Industrie


Download der vollständigen Auswertung der Industrieumfrage als Gesamt-PDF

Warum wird so wenig oder nicht implantiert?

Der Preis ist ein entscheidender Faktor, das bestätigen beide Umfragen. Von den Zahnärzten gaben rund 35 % an, dass ihrer Ansicht nach Implantate zu teuer sind, rund 45 % waren der Auffassung, dass die eigenen Patienten dies nicht bezahlen könnten. Das deckt sich in etwa mit den Erfahrungen, die die Industrie bei den Besuchen in den Zahnarztpraxen macht (44,4 % zu teuer).

Neben dem Preis der Implantate spielt auch die örtliche Konkurrenzsituation (17,2 % Zahnärzteumfrage, 20,6 % Industrieumfrage) eine gewisse Rolle. Ein nicht unerheblicher Anteil der Zahnärzte sieht die eigene Praxis auch ohne Implantologie erfolgreich (23,7 % / 31,7 %), wenngleich die Zahl der wirklichen Implantologie-Skeptiker (Aufwand, Misserfolg etc.) mit +/- 10 % (beide Umfragen) relativ gering ist. Weniger als 10 % der Zahnärzte (9,1 % / 9,5 %) sind z. B. der Auffassung, dass Implantate perspektivisch eine immer geringere Rolle spielen werden. Interessant ist aber auch, dass nicht Implantieren nicht gleichzeitig ohne Implantologie heißt. Zwischen 30 % (Zahnärzteumfrage) bis knapp 50 % (Industrieumfrage) liegt der Anteil derer, die zu MKG-Chirurgen überweisen. 24,6 % bzw. 30,2 % machen immerhin die Implantatprothetik.

Wie sieht es für die Zukunft aus?

Wie bereits erwähnt, ist die Zahl der wirklichen Implantatskeptiker eher gering. Für die Zukunft sehen die befragten Zahnärzte die Implantologie doch als Thema, das in jede Praxis gehört (37,9 %, 39,7 %). Dass sich die Implantologie in implantologischen Zentren bzw. bei den MKG-Chirurgen konzentrieren sollte, meinen 30,6 % der befragten Zahnärzte (17,5 %, Industrieumfrage). In etwa ebenso viele der Befragten (32,3 % / 28,6 %) sind aber auch der Meinung, dass die Implantologie einfacher werden muss. Die Implantologie als Kassenleistung wünschen sich hingegen nur 18,5 % der Befragten. Interessant ist, dass die Industrievertreter glauben, dass die Implantologie künftig billiger werden wird. Neben dem sogenannten Value-Segment dürfte dies künftig an einem verbesserten Preis-Leistungs-Verhältnis liegen. Erste Tendenzen hierfür sind derzeit auch bei den Premiumanbietern bereits zu beobachten.

Immerhin, ca. 20 % der „Nichtimplantologen“ beabsichtigen in die Implantologie einzusteigen und weitere ca. 20 % „eventuell“ in die Implantologie einzusteigen. Noch positiver sieht es bei der Frage aus, ob der Befragte in Zukunft mehr implantieren will bzw. die Implantologie in der Praxis ausbauen möchte. Abzüglich der Stimmenthaltungen, sind hier immerhin ca. 75 % der Befragten der Auffassung dies zu tun bzw. dies „eventuell“ zu tun. Das deckt sich mit der positiven Stimmung bei der Industrie, in dem sie von stagnierenden (57 %) oder wachsenden Verkaufszahlen (35 %) ausgeht.

Fazit

Grundsätzlich gibt es laut der ZWP online-Umfrage in der Zahnärzteschaft und der Industrie eine positive Grundstimmung. Ein nicht unerheblicher Teil der Zahnärzteschaft will in die Implantologie einsteigen bzw. in Zukunft mehr implantieren. Für die Industrie gilt es, auf deren Bedürfnisse (z.B. Kosten, Handling etc.) zu reagieren und die Zahnärzte auf ihrem Weg in die Implantologie aktiv zu unterstützen.

Autor: Jürgen Isbaner

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