Protokoll einer Keramikimplantation nach Dr. Dominik Nischwitz
Behandlungsprotokoll für eine erfolgreiche Keramikimplantation
Keramikimplantate werden derzeit noch von wenigen Behandlern routinemäßig eingesetzt: Entsprechend überschaubar ist somit im Vergleich zu den Titanimplantaten die Zahl der wissenschaftlichen Studien. Umso wichtiger sind in dieser Phase daher die empirischen Fakten, die sich aus dem praktischen Einsatz von Keramikimplantaten ergeben.
Unbestritten sind inzwischen die Vorteile der Keramikimplantate im Hinblick auf ihre Biokompatibilität, das Weichgewebeverhalten und das ästhetische Ergebnis.
Keramikimplantate verhalten sich jedoch anders als konventionelle Titanimplantate. Das heißt, man muss lernen „in Keramik zu denken“. In diesem Kontext sind sowohl die Natur und Biologie des Körpers als auch die Grundregeln der Immunologie und Biochemie sowie der Knochen- und Geweberegeneration von entscheidender Bedeutung. So heilen Keramikimplantate im Gegensatz zu Titanimplantaten nur in absolut gesunden Knochen ein. Der Körper erkennt sie als neutral und osseointegriert sie während der Knochenregenerationsphase. Titanimplantate heilen im Gegenzug über eine Entzündungsaktivierung ein. Lokale Entzündungsmediatoren bleiben je nach individueller Entzündungsneigung des Patienten (High-/Low-Responder) konstant aktiv.
Für den Erfolg beim Einsatz von Keramikimplantaten gibt es demnach wichtige Grundregeln:
1. Systemische Vorbereitung auf die Operation (obligatorisch):
Für die perioperative Unterstützung der Knochenregenration hat sich das Bone Healing Protokoll bewährt (BHP® nach Dr. Dominik Nischwitz), das bei allen chirurgischen Eingriffen bereits im Vorfeld zur Unterstützung der körpereigenen Regeneration zum Einsatz kommt. Mindestens 14 Tage vor der geplanten OP ist es von entscheidender Bedeutung, die Nährstoffe exakt nach diesem Protokoll einzunehmen. Durch falsche Ernährung mit zu viel Zucker, Weizen- und Kuhmilchprodukten sowie einem Mangel an Sonnenlicht verarmt der Körper an wichtigen Vitaminen und Nährstoffen: hauptsächlich Vitamin D3 (Mangel an Sonne), Zink, Magnesium und Omega-3-Fettsäuren. Der Körper ist durch diese Mangelsituation mit Heilungsvorgängen häufig überfordert – er befindet sich sozusagen im „Winterschlaf“ und ist nicht in der Lage, neues Gewebe aufzubauen, da schlichtweg die Nährstoffe dafür fehlen
Aus diesem Grund sollte auch die Ernährung, zumindest in dieser Phase, so hypoallergen und nährstoffreich wie möglich gestaltet werden. Die gängigen Hauptnahrungsintoleranzen und alle Nahrungsgifte werden strengstens gemieden, sodass sich das Immunsystem auf seine wichtigste Aufgabe, den Aufbau von Knochen und Weichgewebe, konzentrieren kann.
Empfohlen wird eine gluten- und kuhmilchfreie Ernährung. Alkohol, Tabak und Koffein sollten auf ein Minimum reduziert sowie Zucker, Süßstoffe, Geschmacksverstärker, Transfette und sonstige Nahrungsgifte komplett vermieden werden. Proteine, gesunde Fette und Gemüse sollten betont werden. Gleichzeitig ist es wichtig, dass der Patient ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt (2 bis 3 Liter stilles Wasser).
2. Knochenqualität
Laut universitärer Lehrmeinung gibt es die Knochendichteklassen 1 bis 4 (Verhältnis der mineralisierten Knochensubstanz zum Knochenvolumen). Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es sich bereits bei Knochendichteklasse 3 und selbstverständlich bei Klasse 4 um mangelhaften oder sogar kranken Knochen handelt.
Jeder Implantologe kennt das Phänomen, bei Bohrungen förmlich in Hohlräume zu „fallen“. Oft unbemerkt und auf konventionellen Röntgenaufnahmen nicht sichtbar, kommt es häufig zu chronischen Entzündungen im Kieferknochen ̶ meist resultierend aus alten, nicht optimal verheilten Zahnextraktionswunden, Zahnanlagen oder Fremdkörpern. Hier bilden sich, ähnlich wie bei den wurzelbehandelten Zähnen, Giftstoffe und Entzündungsmediatoren (TNF-α, IL-1, RANTES), die auch an anderen Stellen im Körper Symptome hervorrufen können. Besonders häufig treten neurologische (NICO) oder Gelenkprobleme auf. NICO steht für „Neuralgia inducing cavitational osteonecrosis“. Darunter versteht man chronisch entzündliche Bereiche im Kieferknochen. Diese Osteolysen werden auch als „ischämische Knochennekrose“ bezeichnet und stellen im Kiefer ein typisches Störfeld dar, gehören also in die Kategorie der neuromodulativen Trigger. Keramikimplantate heilen nicht in Knochenklasse 3 und 4 ein, weshalb man bei der Implantation auf eben diese Osteolysen achten muss. Der Knochen muss absolut gesund sein, um eine anschließende Einheilung zu erzielen. Die Ursache für die Entstehung dieser Osteolysen ist unter Punkt 1 genannter Nährstoffmangel.
3. Desinfektion und Plasmamembran
In diesen osteolytischen Knochenarealen finden sich Fettzysten, degenerierte Knochenbälkchen und ausgelöst durch die ischämische Veränderung des Knochens fühlen sich chronische Infektionen, vor allem Anaerobier, in diesem Bereich besonders wohl. Laut Untersuchungen von Lechner lagern sich dort vermehrt Schwermetalle und andere Umweltgifte ein.
Während der Implantation muss also auf eine peinlichst genaue Reinigung und Desinfektion dieser Knochenareale geachtet werden.
Vorraussetzungen für eine ideale Knochenheilung:
- Der Knochen muss hart sein. Es darf kein „gelber Knochen“ belassen werden. Das Blut muss klar sein (keine Fettaugen oder „schäumendes“ Blut)
- Neben der Implantatbohrung hat sich der Einsatz von Piezosurgery zur Entfernung von krankem Knochen bewährt. Häufig reichen Osteolysen bis zum N. alveolaris inferior oder im Oberkiefer bis zur Nasennebenhöhle heran – Piezotechnik erlaubt es, auch in kritische Bereiche vorzugehen, da im Gegensatz zu rotierenden Instrumenten keine Weichgewebsverletzungen entstehen.
- Zur Desinfektion empfehlen wir Ozon. Ozon ist nachweislich bakterizid, viruzid und fungizid. Es tötet also vorhandene Mikroorganismen ab. Dadurch wird die Heilung vereinfacht, da sich das Immunsystem nicht auch noch um die Infektionen kümmern muss. Vor allem nach Entfernung von wurzelbehandelten Zähnen und der Sofortimplantation mit Keramikimplantaten (SCC® ̶ Short Cut Concept nach Dr. Ulrich Volz) ist der Einsatz von Ozon indiziert. Zusätzlich zur Ozonproduktion wird durch die elektrische Spannung, die an der Glasphiole (OzoneDTA) gebildet wird, die Blutung angeregt.
- Plasma (A-PRF™, PRGF® etc.):
In der Praxis des Autors hat sich die Einlage einer aus Eigenblut gewonnenen Plasmamembran (PRGF® oder Choukroun A-PRF™) bewährt. Das frisch entnommene, venöse Blut des Patienten wird für circa acht Minuten zentrifugiert und daraufhin ggf. aktiviert (PRGF®). Nach 15 bis 30 Minuten ist die Membran zur Einlage fertig. Die Plasmamembran-Technologie ist zu 100 Prozent autologen Ursprungs und dadurch vollständig biokompatibel.
In Kombination mit der Ozontherapie ist sie fester Bestandteil aller chirurgischen Eingriffe und kommt sowohl nach Zahnentfernung, bei Implantationen als auch für den Knochenaufbau und als Einlage nach der NICO-Entfernung zum Einsatz. Die Regeneration von Knochen und Weichgewebe sind durch den Einsatz der körpereigenen Membran phänomenal.
Das gesamte Protokoll sollte nach und vor jeder Zahnentfernung und grundsätzlich für jede chirurgische Maßnahme am Knochen akribisch eingehalten werden.
Trockene Alveolen gehören durch dieses Vorgehen der Vergangenheit an.
4. Neuraltherapie und Infusionen
Zur weiteren Unterstützung der körpereigenen Regeneration wird die Alveole nach Desinfektion mit Procain gespült und im Anschluss zusammen mit Traumeel in das Vestibulum infiltriert. Procain zerfällt lokal in zwei Komponenten, die antientzündlich und durchblutungsfördernd sind. So wird sichergestellt, dass es im Anschluss an das Vasokonstringens des Anästhetikums zu einer sauberen Blutung kommt. Zusätzlich können weitere Medikamente zum Einsatz kommen: Notakehl (homöopathisches Antibiotikum), Selen (orthomolekulares Antibiotikum) und Arthrokehlan „A“ („Antitoxin“).
Bei größeren Operationen, wie z. B. einem Sinuslift, kommen routinemäßig Infusionen zum Einsatz:
Die Kombination aus „Single Shot“ – Antibiotika und Cortison (Dexamethason) hat sich direkt am OP-Tag bewährt. Man nutzt somit die positiven Eigenschaften des Antibiotikums – die Infektionsprophylaxe – ohne die Nebenwirkungen der oralen Gabe (erhöhte Belastung von Leber und Darm).
Weiterhin kann das Immunsystem durch die Gabe von hochdosierten Vitamin-Infusionen im Rahmen der Operation (BTP-Infusion) und Ozon-Eigenblutbehandlungen unterstützt werden.
5. Spezifik von Keramikimplantaten
Neben zahlreichen Vorteilen der Keramikimplantate gegenüber Titanimplantaten gibt es beim Einsatz jedoch auch gewisse Besonderheiten bzw. auch Nachteile. Keramikimplantate leiten z. B. keine Wärme ab.
Bei der Operation ist es für den Chirurgen äußerst wichtig, sich an der Beschaffenheit des ortsständigen Knochens zu orientieren. Im Gegensatz zu Titanimplantaten sollten Keramikimplantate entsprechend der Knochenklassen inseriert werden. Keramikimplantat-Chirurgie verlangt daher zu Beginn für den Behandler ein wenig mehr Fingerspitzengefühl.
Während man im superharten und wenig durchbluteten Knochen der Klasse 1 überdimensioniert aufbereiten muss, um Hohlräume für spätere Kallusbildung zu schaffen, kann man in weicherem Knochen etwas unterdimensioniert aufbereiten.
Sind Keramikimplantate einmal osseointegriert, gelten für die Prothetik etwas sensiblere Regeln als bei den Titanimplantaten. Letztere besitzen durch die Materialeigenschaften von Titan eine geringe Eigenduktilität und können somit Okklusion und vor allem Artikulation durch leichte Auslenkungen besser kompensieren als Keramikimplantate. Keramikimplantate sind maximal starr im Knochen verankert und haben keinerlei Eigenbeweglichkeit.
Einzelnstehende Keramikimplantate sollten aus diesem Grund in minimaler Infraokklusion und ohne jegliche Artikulationskontakte eingeschliffen werden.
Die mangelnde Eigenbeweglichkeit von Keramikimplantaten ist andererseits auch ein großer Vorteil. Man muss nun nicht mehr einen Millimeter Knochen zirkulär um das Implantat haben, wie es zu Recht die Lehrmeinung bei Titanimplantaten ist, da sich diese bewegen, sondern man kann auch noch hauchdünne Knochenlamellen stehen lassen. Solange das Keramikimplantat primärstabil ist, wird es einheilen.
Man muss also lernen, in Keramik zu denken. Vereinfacht heißt das, dass Bereiche des Implantates, die komplett von Knochen umgeben sind, das eigentliche Implantat darstellen; und dort, wo Periost oder Gingiva am Implantat angelagert sind, ist es bereits Abutment. Da Periost und Gingiva an Keramik festwachsen und ein Creeping Attachment bilden, sind völlig neue Wege in der Keramikimplantologie denkbar. An Titan oder sonstigen Metallabutments gibt es keine attached Gingiva. Daher stellt auch in der herkömmlichen, Titan-basierten Implantologie das Abutment aus Keramik den absoluten Standard dar.
Besonders die Sofortimplantation mit Keramikimplantaten (SCC® – Short Cut Concept n. Dr. Ulrich Volz) stellt einen enormen Vorteil gegenüber Titan dar. Während die Sofortimplantation mit Titanimplantaten, vor allem im Seitenzahngebiet, nur in seltenen Fällen möglich ist, ist sie bei Keramikimplantaten (mit dem richtigen Design) grundsätzlich bei fast allen Extraktionen möglich und stellt damit den Goldstandard dar, sofern man sich genau an das Protokoll (Punkte 1 bis 4) hält. Wenn sichergestellt ist, dass sowohl die systemische Unterstützung der Knochen- und Weichgeweberegeneration funktioniert und lokal vorsichtig gearbeitet wird sowie die Alveole desinfiziert und nach abgekapselten Osteolysen detektivisch genau inspiziert wurde, dann stellt das Keramikimplantat die ideale Socket Preservation dar. Es fungiert sozusagen als eine Art „Stöpsel“. Die Alveole ist demnach um den Betrag des Implantates geringer, der Körper hat also eine kleinere Wundfläche zu heilen. Außerdem arbeitet zu diesem Zeitpunkt die körpereigene Knochen- und Geweberegeneration sowieso auf Hochtouren. Vor allem im ästhetischen Bereich ist die Sofortimplantation mit Keramikimplantaten nach Meinung des Autors der optimale Zeitpunkt zur Operation. Mit einer Erfolgsquote von über 90 Prozent lassen sich meist auch komplizierte Sofortimplantationen im Seitenzahngebiet routinemäßig durchführen.
Durch dieses Vorgehen hat der Patient zudem keinen extra Implantationstermin, der Knochen und das Weichgewebe werden sofort gestützt und neben dem deutlich effizienteren Vorgehen für Patient und Behandler ist die Sofortimplantation in der Regel sogar völlig schmerzfrei.
Selbstverständlich können Keramikimplantate heutzutage für alle Indikationen der Implantologie eingesetzt werden. Momentan wird fast von jeder großen Implantatfirma ein Keramikimplantat auf den Markt gebracht. Meist nicht aus Gründen der Biokompatibilität, sondern viel mehr aus ästhetischen Gründen. Das Keramikimplantat soll die Champions League der Implantologie werden und hat hier nicht nur aufgrund der ästhetischen, weißen Farbe, sondern vor allem aus biologischer Sicht ganz klare Vorzüge.
Dr. Dominik Nischwitz
Spezialist für Biologische und Ästhetische Zahnmedizin
DNA ̶ Zentrum für Biologische Zahnmedizin
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