Bisphosphonat: Risiken abwägen und Patienten aufklären

Die Behandlung mit Bisphosphonaten ist bei Tumoren sowie Osteoporose wirksam, aber birgt immer ein Risiko für die Kieferknochensubstanz des Patienten. Das antiresorptiv osteotrope Medikament, welches die Knochen schützen und stärken soll, kann eine gefährliche Nekrose des Kiefers und anderer Knochen auslösen.

Diese Bisphosphonat-assoziierte Kiefernekrose (BP-ONJ) geht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Kau- und Sprechfunktion sowie der oralen Lebensqualität einher. Symptome sind freiliegende Kieferknochen ohne Heilungstendenz, Fisteln, Mund-Antrum-Verbindungen sowie Entzündungen und Abszesse. Doch mit steigenden Zahlen an Osteoporose-Patienten in Deutschland geht eine wachsende Zahl der Bisphosphonat-Medikationen einher.

Eine Leitlinie soll helfen, das Risiko der Bisphosphonat-assoziierten Kiefernekrose einzugrenzen. Herausgegeben wurde sie von der DGMKG, der DGZMK, dem BDO, der KZBV und der BZÄK. Autoren der Studie sind die renommierten Zahnmediziner Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz/Wiesbaden, J.-U. Piesold/Erfurt und Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas/Mainz. Sie informiert über Studienergebnisse zur Medikation mit Bisphosphonaten, auch in Wechselwirkung mit anderen Medikationen, und die daraus resultierenden Fälle einer Nekrose.

Im Rahmen des Ostseekongresses 2013/den 6. Norddeutschen Implantologietagen 2013 in Rostock-Warnemünde sprach Prof. Dr. Dr. Grötz mit Georg Isbaner, Redaktionsleiter Journale & Zahntechnik der OEMUS MEDIA AG, über die zahnmedizinischen Diagnose- und Therapiestrategien für Bisphosphonat-Patienten (zum Interview).

Immer wichtiger wird es daher in Zukunft durch Behandlungs- und Prophylaxestrategien ein Risk-Management zu entwickeln und die Fälle einer Kiefernekrose zu minimieren bzw. frühzeitig zu behandeln. Neben einer gründlichen Risikoaufklärung der Patienten ist eine von Anfang an enge Zusammenarbeit von Onkologen bzw. Endokrinologen, die Bisphosphonate verordnen, mit Zahnärzten und Kieferchirurgen notwendig. Vor einer Therapie mit Bisphosphonaten sollten zahnmedizinische Baustellen beseitigt werden. Entzündungen im Mundraum, Parodontitis oder bereits rückgängige Knochensubstanz sind Alarmzeichen, die eine sofortige Therapie bremsen. „Die Schlüsselfigur ist der Hauszahnarzt. Das Entscheidende ist dabei unsere Vision, dass jeder Bisphosphonat-Patient vor Aufnahme der Bisphosphonat-Medikation oder Denosumab-Medikation seinen Hauszahnarzt konsultiert und sich ganz aktuell dahingehend untersuchen lässt, ob irgendwo eine Infektions-Eintrittspforte oder eine chronische Infektion vorliegt und ob diese eine Therapie zulässt“, betont Grötz. Dabei muss dem Patient auch bewusst gemacht werden, dass die Komplikation über einen Zahnverlust hinausgeht. Auch wenn der Patient durch einen drohenden Zahnverlust bei einem nicht mehr haltbaren Zahn resigniert und den Zahn behalten möchte, muss ihm verdeutlicht werden, dass ein drohender Knochenverlust mit einer bedeutend geminderten Lebensqualität einhergehen wird.

Abzuwägen ist ebenfalls − nicht aber von vornherein auszuschließen −, inwiefern eine Implantation mit/ohne Knochenaugmentation vor einer Bisphosphonatbehandlung die Langzeitprognosen positiv unterstützt. Birgt das Implantat also ein Nekrose-Risiko oder schafft es durch die Vermeidung von Prothesendruckstellen das Risiko zu senken − diese Frage sollte erörtert werden und Grundlage für eine Empfehlung für oder gegen eine Implantation sein.

Autor: Karola Richter

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